15. Neandertalromantik…


(der zugundeliegende Artikel ist mir nicht mehr bekannt) (2009)

L E S E R B R I E F

Schon das Anlesen dieses Artikels vermittelt das Gefühl, Zeuge einer Fehljustierung von Kimme und Korn der „ewigen Hüter der Wälder und Flure“ zu sein.

Mit der Anzahl der erschossenen Tiere ist der Jäger nicht zufrieden, zelebriert Hege und Pflege, indem er Randstreifen als Rückzugsgebiete von den Landwirten fordert und dann revierübergreifend Fuchs- und Taubenjagd organisiert, obwohl ihm doch tatsächlich die sinkende Zahl von Hase, Rebhuhn und Fasan „zu denken“ gibt.  Das ist nichts anderes als lupenreine und lebensfeindliche Selektion. Auch heute noch gilt das dazu passende Gesetz – von Reichsjägermeister Hermann Göring 1934 als ‚Reichsjagdgesetz’ in Kraft gesetzt. Das auf der gesetzlichen Grundlage im 21.Jahrhundert noch Freizeitjäger mit scharf geladenen Waffen unkontrolliert Leben auslöschen dürfen, ist keine Historiendoku und auch kein virtuelles Ballerspiel, sondern ein Beweis dafür, dass und wie Herrendenken auch heute noch salonfähig gehalten wird. 

Die Ursache für die beklagte, verminderte Opferzahl liegt natürlich wie immer bei Anderen – gestern die, heute die Landwirte und morgen sonstwer … 

Warum fordert denn der Jägersmann diese Rückzugsgebiete? Aus Liebe an der Hege und Pflege, von der er immer spricht, also zum Wohle der Tiere und aus Gutmütigkeit?  Natürlich hat er nicht den Hintergedanken, den Tierbestand zu erhöhen, um ihn bei irgendeiner perversen Jagdart wieder zu dezimieren, indem er sie aufschreckt oder auflauert, um sie aus reiner Lust am Töten emotionslos abzuknallen. 

Natürlich stellen sich all die Wildtiere ganz tierpatriotisch und einsichtig bei einer Jagd dem Jäger zum Abschuss, um der Spezies Mensch nicht überzählig zur Last zu fallen und in der Hoffnung auf ein fehlerfrei geblasenes ‚Halali’ danach. Als stolze Quotenopfer für eine bessere Abschussstatistik. Sie hatten ja bis dahin eine schöne Zeit in den ihnen großmütig gewährten Rückzugsreservaten … 

Unverständlich, dass sich die Gesellschaft immer noch von diesem entlarvten Irrsinn die Dunkelbrille aufdrücken lässt, ohne endlich zu realisieren, dass da eine Minderheit ihre Seelenabgründe auslebt und diese schwammig auf einem Niveau präsentiert, das sich ins falsche Jahrhundert verirrt hat. Das Wegsehen muss aufhören und dieses in jeder Hinsicht widerliche Gesetz mitsamt seiner Neandertalromantik vom Gesetzgeber ersatzlos gestrichen werden. 

©Joachim Rohlfing