Artikel „November ist die Haupt-Jagdsaison“
L E S E R B R I E F
Ein Jäger vor der Kulisse der untergehenden Sonne .. ein dpa-Bild mit Symbolcharakter.
Allerdings der dazugehörige Text, dass der November einer der ‚Haupterntemonate‘ des Jägers ist, zeugt von einer Art Gefühls- und Seelenkälte, die die tatsächliche Sinnfreiheit des Jagens durch eine menschliche Unart marlborohaft romantischer Gleichgültigkeit des Wegsehens regelrecht befeuert.
Lebewesen per Schusswaffe zu ernten, ist eine Perversion des Denkens.
Eine Intoleranz gegenüber der anderen Spezies aus mindestens niederen Beweggründen.
Menschen haben grundsätzlich die Möglichkeit, sich zu entscheiden, wem sie sowohl gedanklich als auch im Handeln den Vorrang geben – dem Leben oder dem Töten. Also eigentlich frei von Selektionsdenkweisen, die in der Folge ein Ergebnis reiner Überheblichkeit und ethisch niederen Herrschaftsdenkens sind.
Wenn der Jäger ‚Hasen ernten‘ geht, betreibt er Seelenpoker auf unterstem Niveau, oder wie könnte man Lustmorden mit Freizeitcharakter noch anders nennen? Das ist Herrendenken längst vergangen geglaubter Zeiten. Eine Art intelligenzfreie Grauzone des Unwissens, quer durch alle Bildungsschichten mit einer Quasilegitimation der Gesellschaft. Das Ergebnis dieses mentalen Abstumpfungsprozesses ist die Pirsch mit einer scharf geladenen Waffe in Wald und Feld.
Rein theoretische Argumente? Dann fangen wir doch morgen praktisch damit an, die Selbstjustiz der Jägerschaft im Außendienst in der gesamten Gesellschaft salonfähig zu machen, die Judikative abzuschaffen und auch dann zu hoffen, dass keiner etwas merkt und alles gut geht … Dann wäre diese Gesellschaft auf des Jägers Augenhöhe.
Die ‚Haupterntezeit‘ der jagenden Menschen vermittelt den Eindruck, zwar im 21. Jahrhundert zu leben … aber inhaltlich in einem evolutionsfreien Raum.
©Joachim Rohlfing