Heiligabend… Christmas Eve…


(English below)

Deutsch

Den Besucher|innen meines Blogs(und natürlich allen anderen Menschen) wünsche ich angenehme, gesunde und besinnliche Festtage. Ja… besinnlich ist in dieser Zeit keine freie Wahl, sondern eine Notwendigkeit. Im Lockdown kann ‚besinnlich‘ auf die Sinne gehen. Das erkennbare Licht im Corona-Tunnel  wird durch Konsequenz und Benutzen des eigenen Verstandes im Sinne Aller erreichbar. Das ist mein Weihnachten 2020.

Diese Kurzgeschichte habe ich vor Jahrzehnten geschrieben. Sie passt nicht mehr in diese Coronazeit. Trotzdem ist ihre Aussage zeitlos – Corona hin oder her. Aus heutiger Sicht ist sie ein Stück eigener Zeitgeschichte. Das kann man auch nostalgisch nennen. [Veröffentlich wurde sie damals in der Weihnachtsausgabe des MT (Mindener Tageblatt)].  

Heiligabend

In den Straßen der kleinen Kreisstadt war es ruhig geworden. Hellerleuchtete Schaufenster mit greller, aufdringlicher Leuchtreklame blendeten erbarmungslos meine Augen. Das Weihnachtsgeschäft, das Geschäft des Jahres, war an diesem `Heiligabend´ gelaufen.

Die Gläubigen eilten nach dem obligatorischen Kirchgang zurück in die Behaglichkeit, in die Wärme und Geborgenheit ihrer festlich geschmückten Wohnungen. Es war Weihnacht. 

Langsam schlenderte ich an den Schaufenstern vorüber.

Auf der anderen Straßenseite stand ein alter Mann vor einem Schaufenster.

Er schien völlig geistesabwesend zu sein. Ich blieb stehen und sah zu ihm hinüber. Ein   eiskalter Wind zerrte an meinem Gesicht.

Ich schlug den Kragen meines Mantels auf und ging hinüber.

Er stand mit gesenktem Kopf vor dem Schaufenster eines Spielwarengeschäftes, die rechte Hand vor die Stirn gepresst. Ich sah unauffällig zu Ihm hinüber. Er schien mich nicht zu bemerken. Warum ging ich nicht weiter ?  

Wie all die Anderen ?

Er weinte.                                                           

„Kann ich Ihnen helfen?“

„Mir kann niemand helfen!“

„Ja .. aber …“

„Lassen Sie mich in Ruhe! Was wollen Sie von mir?“

„Pardon. Ich will Sie nicht belästigen. Entschuldigung.“

Ich drehte mich um und wollte gehen.

„Warten Sie!“

Ich blieb stehen.

Der alte Mann stand immer noch so da – wie vor einer Minute.

„Warum kümmern Sie sich um mich? Sie kennen mich doch gar nicht!“

Ich schwieg eine Weile.

„ Ja .. da haben Sie recht. Ich kenne Sie nicht …“

Er nahm die Hand von der Stirn, hob langsam den Kopf und sah mich an. Sein vergrämter, zerflossener Blick traf mich wie ein Messer. Ich hatte das Gefühl, als suchte er jemanden .. irgendjemanden, mit dem er reden konnte. Einen Menschen, der ihm zuhörte, mehr nicht.

„Was bedrückt Sie?“

„Ach .. junger Mann …“ Er sah wieder auf den Boden.

„Dieser Abend soll für uns Menschen ein Abend des Glücks und der Zufriedenheit sein… Für mich ist er Verzweiflung. Ich musste `raus. Ich hielt es zuhause nicht mehr aus.“

„Was ist passiert?“

Er begann wieder zu weinen.

In den Häusern wurde das Fest der Freude und der Zufriedenheit gefeiert. Jeder auf seine Weise. Was war geschehen, dass dieser alte Mann weinend vor einem Schaufenster stand? Was hatte ihn so zerschmettert?

„Ich hatte den Tannenbaum geschmückt, die Kerzen  angezündet und  meine Tochter und meinen Schwiegersohn erwartet. Gott sei Dank, dass meine Frau das nicht mehr erleben muss!  Ich hatte mich darauf gefreut, mit ihnen diesen Abend zu verbringen. Ich wollte heute nicht allein sein. Ich wollte es nicht… !“

„Und was geschah? Sie sind nicht gekommen?“

„Doch! Verflucht, sie sind gekommen. Mein Schwiegersohn war betrunken. Als er den Baum sah, begann er entsetzlich zu lachen. Er nannte ihn… ich mag es nicht sagen. Er sagte nur, dass er diesen `Blödsinn´ nicht mitmacht. Schließlich löschte er die Kerzen aus und knickte den Stamm in der Mitte ab. Meinen liebevoll geschmückten … Dann hab´ ich ihn hinausgeworfen.“

„Was sagte Ihre Tochter dazu?“

„Die ist mit ihm gegangen. Ja.. sie ist einfach mit ihm gegangen. Kein Wort….nichts!“

„Wollen Sie nicht nach Hause gehen?“

„Ja .. später…“

„Er war betrunken, sagten Sie?“

„Ja.“

„Dann wird er sich sicherlich morgen entschuldigen.“

„Ja, sicherlich…  Ich  wollte  ihnen  doch nur eine Freunde machen“, sagte er dumpf, und ich hatte das Gefühl, nicht mehr wahrgenommen zu werden. Er schüttelte nur langsam, wieder völlig abwesend den Kopf. „Ich wollte ihnen doch nur eine Freunde machen…“

An diesem Heiligabend stand der alte Mann vor dem Schaufenster eines Spielwarengeschäftes. Die schneidende Kälte dieser Weihnacht und das zerreißende Gefühl des Alleinseins waren seine  gnadenlosen Begleiter in einer Nacht der Liebe, der Zusammengehörigkeit, des Vergebens und der Wärme. Der bloße, niederwerfende Gedanke daran und die Hoffnung auf eine Entschuldigung waren alles, was der alte Mann noch hatte.   –

English

To the visitors of my blog (and of course to all other people) I wish pleasant, healthy and contemplative holidays. Yes… contemplative is not a free choice at this time, but a necessity. In lockdown, contemplative can go to the senses. The discernible light in the Corona Tunnel becomes attainable through consistency and using one’s mind for the sake of all. This is my Christmas 2020.

I wrote this short story decades ago. It no longer fits into this Corona era. Nevertheless, its message is timeless – Corona or not. From today’s perspective, it is a piece of my own contemporary history. You can also call it nostalgic. It was published in the Christmas edition of the MT (Mindener Tageblatt).

Christmas Eve..

The streets of the small county seat had become quiet. Brightly lit shop windows with garish, intrusive neon signs mercilessly dazzled my eyes. The Christmas business, the business of the year, had run its course on this `Christmas Eve‘.

After the obligatory church service, the faithful hurried back to the comfort, warmth and security of their festively decorated homes. It was Christmas.

Slowly I strolled past the shop windows.
Across the street, an old man stood in front of a shop window.
He seemed completely absent-minded. I stopped and looked over at him. An ice-cold wind tugged at my face.
I flipped open the collar of my coat and walked over.
He was standing with his head down in front of the window of a toy store, his right hand pressed in front of his forehead. I looked over at him inconspicuously. He did not seem to notice me. Why did I not go on ?

Like all the others ?
He was crying.

„Can I help you?“
„Nobody can help me!“
„Yes … but …“
„Leave me alone! What do you want from me?“
„Pardon me. I don’t want to bother you. Sorry.“
I turned to leave.

„Wait!“
I stopped.
The old man was still standing there like that – as he had been a minute ago.
„Why do you care about me? You don’t even know me!“
I was silent for a while.
“ Yes … you are right. I don’t know you …“
He took his hand from his forehead, slowly raised his head and looked at me. His sullen, melted look hit me like a knife. I felt as if he was looking for someone … anyone to talk to. A person who would listen to him, nothing more.
„What’s bothering you?“
„Oh … young man …“ He looked down at the floor again.
„This evening is supposed to be an evening of happiness and contentment for us humans….For me, it is despair. I had to get out. I couldn’t stand it at home anymore.“
„What happened?“
He began to cry again.

In the houses the feast of joy and contentment was celebrated. Each in his own way. What had happened to make this old man stand crying in front of a shop window? What had crushed him so?

„I had decorated the Christmas tree, lit the candles and was expecting my daughter and son-in-law. Thank goodness my wife doesn’t have to live through that! I had been looking forward to spending this evening with them. I didn’t want to be alone tonight. I didn’t want to be…. !“
„And what happened? They didn’t come?“
„Yes, they did, damn it, they came. My son-in-law was drunk. When he saw the tree, he started laughing horribly. He called it… I don’t like to say it. He just said that he was not going to go along with this `bullshit‘. Finally, he put out the candles and snapped the trunk in half. My lovingly decorated … Then I threw him out.“
„What did your daughter say about that?“
„She went with him. Yes … she just went with him. Not a word….nothing!“

„Don’t you want to go home?“
„Yes … later…“
„He was drunk, you said?“
„Yes.“
„Then he will surely apologize tomorrow.“
„Yes, certainly… I was just trying to make them friends,“ he said dully, and I felt as if I were no longer being noticed. He just shook his head slowly, again completely absently. „I just wanted to make them a friend…“

That Christmas Eve, the old man stood in front of the window of a toy store. The piercing cold of that Christmas and the wrenching feeling of being alone were his merciless companions on a night of love, togetherness, forgiveness and warmth. The mere prostrating thought of it and the hope of an apology were all the old man had left. –

Heiligabend… (d/e)


Heiligabend

 

In den Straßen der kleinen Kreisstadt war es ruhig geworden. Hellerleuchtete Schaufenster mit greller, aufdringlicher Leuchtreklame blendeten erbarmungslos meine Augen. Das Weihnachtsgeschäft, das Geschäft des Jahres, war an diesem `Heiligabend´ gelaufen.

Die Gläubigen eilten nach dem obligatorischen Kirchgang zurück in die Behaglichkeit, in die Wärme und Geborgenheit ihrer festlich geschmückten Wohnungen. Es war Weihnacht.

Langsam schlenderte ich an den Schaufenstern vorüber.

Auf der anderen Straßenseite stand ein alter Mann vor einem Schaufenster.

Er schien völlig geistesabwesend zu sein. Ich blieb stehen und sah zu ihm hinüber. Ein   eiskalter Wind zerrte an meinem Gesicht.

Ich schlug den Kragen meines Mantels auf und ging hinüber.

Er stand mit gesenktem Kopf vor dem Schaufenster eines Spielwarengeschäftes, die rechte Hand vor die Stirn gepresst. Ich sah unauffällig zu Ihm hinüber. Er schien mich nicht zu bemerken. Warum ging ich nicht weiter ?

Wie all die Anderen ?

Er weinte.

„Kann ich Ihnen helfen?“

„Mir kann niemand helfen!“

„Ja .. aber …“

„Lassen Sie mich in Ruhe! Was wollen Sie von mir?“

„Pardon. Ich will Sie nicht belästigen. Entschuldigung.“

Ich drehte mich um und wollte gehen.

„Warten Sie!“

Ich blieb stehen.

Der alte Mann stand immer noch so da – wie vor einer Minute.

„Warum kümmern Sie sich um mich? Sie kennen mich doch gar nicht!“

Ich schwieg eine Weile.

„ Ja .. da haben Sie recht. Ich kenne Sie nicht …“

Er nahm die Hand von der Stirn, hob langsam den Kopf und sah mich an. Sein vergrämter, zerflossener Blick traf mich wie ein Messer. Ich hatte das Gefühl, als suchte er jemanden .. irgendjemanden, mit dem er reden konnte. Einen Menschen, der ihm zuhörte, mehr nicht.

„Was bedrückt Sie?“

„Ach .. junger Mann …“ Er sah wieder auf den Boden.

„Dieser Abend soll für uns Menschen ein Abend des Glücks und der Zufriedenheit sein… Für

mich ist er Verzweiflung. Ich musste `raus. Ich hielt es zuhause nicht mehr aus.“

„Was ist passiert?“

Er begann wieder zu weinen.

In den Häusern wurde das Fest der Freude und der Zufriedenheit gefeiert. Jeder auf seine Weise. Was war geschehen, dass dieser alte Mann weinend vor einem Schaufenster stand? Was hatte ihn so zerschmettert?

„Ich hatte den Tannenbaum geschmückt, die Kerzen  angezündet und  meine Tochter und meinen Schwiegersohn erwartet. Gott sei Dank, dass meine Frau das nicht mehr erleben muss!  Ich hatte mich darauf gefreut, mit ihnen diesen Abend zu verbringen. Ich wollte heute nicht allein sein. Ich wollte es nicht… !“

„Und was geschah? Sie sind nicht gekommen?“

„Doch! Verflucht, sie sind gekommen. Mein Schwiegersohn war betrunken. Als er den Baum sah, begann er entsetzlich zu lachen. Er nannte ihn… ich mag es nicht sagen. Er sagte nur, dass er diesen `Blödsinn´ nicht mitmacht. Schließlich löschte er die Kerzen aus und knickte den Stamm in der Mitte ab. Meinen liebevoll geschmückten … Dann hab´ ich ihn hinausgeworfen.“

„Was sagte Ihre Tochter dazu?“

„Die ist mit ihm gegangen. Ja.. sie ist einfach mit ihm gegangen. Kein Wort….nichts!“

„Wollen Sie nicht nach Hause gehen?“

„Ja .. später…“

„Er war betrunken, sagten Sie?“

„Ja.“

„Dann wird er sich sicherlich morgen entschuldigen.“

„Ja, sicherlich…  Ich  wollte  ihnen  doch nur eine Freunde machen“, sagte er dumpf, und ich hatte das Gefühl, nicht mehr wahrgenommen zu werden. Er schüttelte nur langsam, wieder völlig abwesend den Kopf. „Ich wollte ihnen doch nur eine Freunde machen…“

An diesem Heiligabend stand der alte Mann vor dem Schaufenster eines Spielwarengeschäftes. Die schneidende Kälte dieser Weihnacht und das zerreißende Gefühl des Alleinseins waren seine  gnadenlosen Begleiter in einer Nacht der Liebe, der Zusammengehörigkeit, des Vergebens und der Wärme. Der bloße, niederwerfende Gedanke daran und die Hoffnung auf eine Entschuldigung waren alles, was der alte Mann noch hatte.   –

©Joachim Rohlfing

 

in English

Christmas Eve

It had become quiet in the streets of the small district town. Brightly lit shop windows with glaring, obtrusive illuminated advertising mercilessly dazzled my eyes. The Christmas business, the business of the year, had been running on this ‚Christmas Eve‘.

After the obligatory church visit, the faithful hurried back to the comfort, warmth and security of their festively decorated homes. It was Christmas.

Slowly I strolled past the shop windows.

Across the street an old man stood in front of a shop window.

He seemed to be completely absent-minded. I stopped and looked over at him. An icy cold wind tore at my face.

I unbuttoned the collar of my coat and went over.

He stood with his head lowered in front of the window of a toy store, his right hand pressed against his forehead. I looked over at him without attracting attention. He did not seem to notice me. Why didn’t I go on ?

Like all the others?

He was crying.

„Can I help you?“

„Nobody can help me!“

„Yeah, but…

„Leave me alone! What do you want from me?“

„Sorry. I don’t mean to bother you. I’m sorry.“

I turned around and wanted to leave.

„Wait!“

I stopped.

The old man was still standing there – just like a minute ago.

„Why do you care about me? You don’t even know me!“

I held my peace for a while.

„Yes, you’re right. I don’t know you…“

He took his hand off his forehead, slowly raised his head and looked at me. His pitiful, melted look hit me like a knife. I felt as if he was looking for someone, anyone to talk to. Someone to listen to him, nothing more.

„What’s on your mind?

„Oh, young man…“ He looked down again.

„Let this evening be for us humans an evening of happiness and contentment… For

but for me he’s desperate. I had to get out. I couldn’t stand it at home anymore.“

„What happened?“

He started crying again.

In the houses the feast of joy and satisfaction was celebrated. Each in his own way. What had happened that made this old man stand crying in front of a shop window? What had so shattered him?

„I had decorated the Christmas tree, lit the candles and waited for my daughter and son-in-law. Thank God that my wife doesn’t have to live to see this!  I had been looking forward to spending this evening with them. I didn’t want to be alone today. I didn’t want… !“

„And what happened? You didn’t come?“

„Yes, they did! Damn it, they came. My son-in-law was drunk. When he saw the tree, he started to laugh horribly. He called it… I don’t like to say it. He just said that he wouldn’t go along with this ’nonsense‘. Finally he put out the candles and bent the trunk in the middle. My lovingly decorated… Then I threw him out.“

„What did your daughter say?“

„She left with him. Yeah, she just left with him. Not a word… nothing!“

„Don’t you want to go home?“

„Yes, later…“

„He was drunk, you said?“

„Yes.“

„Then he’ll surely apologize tomorrow.“

„Yes, certainly…  I just wanted to make them friends,“ he said muffledly, and I had the feeling that I was no longer noticed. He shook his head slowly, completely absent again. „I just wanted to make friends…“

That Christmas Eve, the old man stood in front of the window of a toy store. The biting cold of this Christmas and the tearing feeling of being alone were his merciless companions in a night of love, togetherness, forgiveness and warmth. The mere prostrate thought of it and the hope of an apology were all the old man had left.   –

©Joachim Rohlfing

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Bildschirmschoner… Urlaubsgefühl im Dezember (d/e)


Bildschirmschoner

 

Auf der A1  kurz vor Ahlhorn.

Noch mehr go als stop.

So kurz vor der Abfahrt…

Alle wollen wohl zur Nordsee.

Die Autos vollgestopft bis unters Dach.

Genervt klopft die Hand auf das Lenkrad.

Wenigstens keine quängelnden Kleinkinder an Bord.

Stillstand.

Nichts geht mehr.

Die Ersten steigen nach einigen Minuten aus.

Vielleicht hilfts ja …

Vater und Mutter schauen sich entgeistert an.

„Bleib cool, Dad.“

„Wenn ich da an die Fahrten denke, als du noch klein warst… was du und dein Bruder  da veranstaltet haben.“

„Der ist ja heut nicht dabei  –  außerdem bin ich 15.“

„Er wollte ja nicht – mit 18 …“

„Mama ist da immer ausgerastet …“

„Ja ja, immer ich …“

Wieder sechs Meter weiter.

Stillstand an der Ausfahrt eines kleinen Rastplatzes.

Einige drängeln auf der Standspur weiter.

Die ewig Gestrigen.

Da wird gnadenlos die Standspur für mögliche Rettungsfahrzeuge zugepflastert.

Egotrips auch im Urlaub.

„Ey, guckt mal da rechts …“

Adrian begann zu kichern.

Da stand einer an seinem Uraltmotorrad mit Beiwagen.

In schwarzer Motorradkluft der 50er oder 60er Jahre.

Drei Millimeter-Haarschnitt und 30 Zentimeter-Bart.

Ansehnlicher Bierbauch.

Nicht schätzbares Alter.

„Der Typ is´ja ultracool.“

.

Dann begann die Show.

Der Biker begann mit Lockerungsübungen der Klasse ´Sehenswert`.

Abwechselnd zog er seine Beine langsam an und streckte sie wieder im gleichen Tempo.

Das Ganze dann mit den Armen …

Jeweils genau fünf Mal.

Dann ging er einige Meter in Zeitlupe auf und ab, um genau dieselben Übungen zu machen. Dieses Mal mit einer zusätzlichen Variante.

Er rieb zwischendurch mit der rechten Handfläche den linken Unterarm und umgekehrt.

Nach längerem Blick auf die Fahrzeugschlange entschloss er sich, die Hände auf die Lendenwirbel zu falten und gemächlich die 15 Meter bis zu einem Wohnmobil zu schreiten, aus dem gerade zwei jüngere Frauen Richtung Gebüsch ausgeschwärmt waren.

Er blieb stehen und sah ihnen nach.

Genau fünf Mal schüttelte er seinen Kopf und schritt wie ein Staatsmann die Ehrengarde der geparkten Fahrzeuge ab.

„Ich glaub`s  nicht… jetzt noch mal die Beine anwinkeln… “

Adrian hatte seine PC- Zeitschrift längst beiseite gelegt.

Majestätisch schritt der Typ wieder zu seinem Motorrad und blieb daneben stehen.

Mit strengem Blick glotzte er Richtung Gebüsch.

Adrians Gelächter infizierte seine Eltern.

Der Bärtige drehte sich um und sah auf sein Motorrad.

„Was kommt jetzt?“

Er ging zum Beiwagen und zog einen Kanister Sprit heraus.

In wirklicher Zeitlupe drehte er den Tankdeckel auf und ließ für drei bis vier Sekunden Sprit einlaufen.

„Warum nimmt der keinen Eintritt ?“

Er verschloß den Kanister, hob ihn an sein rechtes Ohr und schüttelte ihn.

„Sowas habe ich noch nicht gesehen.“  Adrian rang zwischen den Lachschüben nach Luft.

Der Typ schaute mit prüfendem Blick gen Himmel,  nickte kurz und platzierte den Kanister wieder im Beiwagen.

„Das ist .. ja .. das ist Johnny Castaway! Ihr wisst doch – dieser Bildschirmschoner!“

Die Drei schrien auf vor Lachen.

„Bei Nichtaktivität kommt der automatisch nach einer Minute …“

„Und zieht dann eine vergleichbare Show ab..“

Adrian hatte seinen Dad lange nicht mehr so unkontrolliert lachen gesehen.

Der Stau auf der A 1 hatte diesen wunderbaren Bildschirmschoner aktiviert.

 

Die Fahrzeugschlange setzte sich wieder langsam in Bewegung.

Adrian renkte sich fast den Hals aus, um ´Johnny` so lange wie möglich im Blickfeld zu haben.

„Schade, den sehen wir nie wieder …“

 

Die Blechlawine rollte mit 40 km/h weiter.

Die Urlaubslaune war wieder da.

Dank ihm …

 

„Nein!! Schaut mal nach links !“

Da fuhr er… auf der linken Spur langsam an ihnen vorbei:  Johnny Castaway …

 

©Joachim Rohlfing

 

in English

screen saver

 

On the A1 shortly before Ahlhorn.

Even more go than stop.

So shortly before the departure …

Everyone probably wants to go to the North Sea.

The cars stuffed to the roof.

Annoyed the hand knocks on the steering wheel.

At least no whining toddlers on board.

Standstill.

Nothing works anymore.

The first get off after a few minutes.

Maybe it helps …

Father and mother look at each other in awe.

„Be cool, Dad.“

„When I think about the trips when you were little… what you and your brother did.“

„He’s not there today – and I’m 15.“

„He didn’t want to – with 18 …“

„Mama is always out of control there …“

„Yes yes, always I …“

Again six meters further.

Standstill at the exit of a small resting place.

Some push further on the hard shoulder.

The eternal yesterday.

There the parking lane for possible rescue vehicles is mercilessly paved.

Egotrips also in the vacation.

„Ey, look right there …“

Adrian began to giggle.

There stood one at his old motorcycle with sidecar.

In the black motorbike gap of the 50s or 60s.

Three millimeter haircut and 30 centimeter beard.

A respectable beer belly.

Not estimable age.

„The guy’s ultra cool.“

.

Then the show began.

The biker started with loosening exercises of the class ‚Sehenswert‘.

Alternately he pulled his legs slowly and stretched them again at the same speed.

The whole then with the arms …

In each case exactly five times.

Then he went up and down a few meters in slow motion to do exactly the same exercises. This time with an additional variation.

In between he rubbed his left forearm with his right palm and vice versa.

After a longer look at the queue of vehicles he decided to fold his hands on the lumbar vertebrae and walk leisurely the 15 meters to a motorhome from which just two younger women had swarmed out towards the bushes.

He stopped and looked after them.

Exactly five times he shook his head and walked like a statesman through the guard of honour of the parked vehicles.

„I don’t believe it… now once again bend the legs… “

Adrian had long since put his PC magazine aside.

Majestically the guy walked back to his motorcycle and stopped next to it.

With a stern look he stared towards the bushes.

Adrian’s laughter infected his parents.

The bearded man turned around and looked at his motorcycle.

„What’s next?“

He went to the sidecar and pulled out a can of fuel.

In real slow motion, he opened the fuel filler cap and let fuel run in for three to four seconds.

„Why doesn’t he take an entry?“

He closed the canister, lifted it to his right ear and shook it.

„I haven’t seen anything like it yet.“  Adrian struggled for air between the bursts of laughter.

The guy looked up at the sky, nodded briefly and placed the canister back in the sidecar.

„That’s … yes … that’s Johnny Castaway! You know – this screensaver!“

The three screamed with laughter.

„In case of inactivity it comes automatically after one minute …“

„And then pulls off a comparable show…“

Adrian hadn’t seen his dad laugh so uncontrollably for a long time.

The traffic jam on the A 1 had activated this wonderful screen saver.

The queue of vehicles started to move again slowly.

Adrian almost dislocated his neck to have ‚Johnny‘ in view as long as possible.

„Too bad, we’ll never see him again…“

The avalanche continued with 40 km/h.

The holiday mood was there again.

Thanks to him …

„No!  Look to the left !“

There he drove… on the left lane slowly past them: Johnny Castaway …

Translated with http://www.DeepL.com/Translator (free version)

 

Ausstellung… (d/e)


Ausstellung

 

Da fand vor längerer Zeit eine Ausstellung in der Kirche statt, in der ich getraut wurde. Einer Einladung des mir und meiner Frau recht gut bekannten Pfarrers folgend, betraten wir die Kirche mit einer Erwartungshaltung in Richtung Anspruch, Qualität usw.. Ausstellungen anderer Künstler interessieren nun mal.

Wir hatten speziell in dieser, ‚unserer´ Kirche, schon einige exotische Präsentationen erlebt und hofften auch dieses Mal auf ein  `Aha´ – Erlebnis.

Soweit, so gut.

Ich zog die schwere Eingangstür  der Kirche auf und ließ meiner Frau den Vortritt.

Das erste  `Hallo´  und  `schön, dass sie da sind´ beim Betreten des Kirchenschiffs. Der Blick fiel sofort auf eine Arbeit des Künstlers von imposanter Größe. Farbintensitäten, wie ich sie mag und selber verwende.

Die meisten Besucher standen noch vor den Bänken und nahmen erste Eindrücke von den ausgestellten Werken.

Mein Blick schweifte neugiering über die Kirchenbänke hinweg Richtung Altar mit dem von mir so geschätzten, weil schlichten Kruzifix.

Mir stockte der Atem.

Was war das denn?

Vor dem Kruzifix war ein hellrotes, circa 2 mal 2 Meter großes Tuch in 3 bis 4 Meter Abstand davon gespannt, das den direkten Blick auf dieses schöne Kruzifix verschleierte. Ich traute meinen Augen nicht…

Das Gedächtnis ist schon ein phänomenales Instrument,  das ohne Einsatzbefehl völlig verselbständigt seine Arbeit aufnimmt.

Ein Tuch vor dem Kruzifix… das kannte ich doch irgendwoher.  Schlagartig stand ein Bild auf meinem geistigen Bildschirm, das mir eine Gänsehaut auf Arme und Beine zauberte und meinen Magen zur Flauzone erklärte.

Wie war das noch damals vor vielen Jahren in Parchim, als der Sarg meines gut dreißígjährigen Lieblingscousins in der Friedhofskapelle aufgebart war. Eine sozialistische Gedenkfeier und Beerdigung sollte es damals sein.

Mein Gott!  Du warst nicht mal geladen!

Sie hatten das Kruzifix als Symbol des  Christentums, mit roten Fahnen verhängt und abgedeckt!

Mit mehreren roten Fahnen samt DDR- Logos.

Das schimmerte kein Kruzifix mehr durch.

Damals saß ich während der sozialistischen Trauerfeier zwischen meiner Mutter und meiner älteren Schwester mit geballten Fäusten in den Manteltaschen.  Da gab es kein Vaterunser oder `so nimm denn meiner Hände´, nein! Da wurde von einem Tonband  `Im tiefen Wiesengrunde´ abgespielt. Nie wieder habe ich bei einem solchen Anlass eine auch nur annähernd vergleichbare, geistige Niedertracht erlebt!

Als Trost für die Angehörigen wurde auf den `verdienten tiefen Schlaf des Verstorbenen´ verwiesen.

Grauenhaft…

Und genau in dem Moment wurde die Kapellentür geöffnet. Durch den Windzug wirkten die Fahnen wie Segel und ließen für einige Sekunden einen Abdruck des Kreuzes erkennen. Das war für mich wie ein Zeichen.  `Ihr könnt noch so viele Fahnen davorhängen … ´

Nun stand ich in meiner Kirche, doch warum baute mein Gedächtnis ausgerechnet dieses vergangene Horrorszenario in mir auf?

Der Anblick des vom Künstler vor dem Kruzifix aufgehängten roten Tuches … die Assoziation mit den roten Fahnen damals in der Kapelle, der deutliche Abdruck des Kreuzes damals und heute das schattenhafte Abbild des Kruzifixes…

Da wurde und hier wird ein Symbol zugehängt, verschleiert.

Wie  reihten  uns  auf  den Kirchenbänken ein und lauschten den Interpretationen zu den einzelnen Werken des Künstlers.

Erst zuhause im Gespräch über diese erlebte Ausstellungseröffnung wurde mir klar: Ich hatte  nach  dem Anblick des Tuches vor dem Kruzifix  stumm auf der Kirchenbank gesessen  –  mit beiden Händen in den Jackentaschen …

©Joachim Rohlfing

in English

Exhibition

Some times ago there was an exhibition in the church where I was married. At the invitation of the parish priest, who was well known to me and my wife, we entered the church with an expectation of quality, quality and so on. Exhibitions of other artists are interesting.

Especially in this ‚our‘ church we had already experienced some exotic presentations and hoped for an ‚aha‘ experience this time as well.

So far, so good.

I opened the heavy entrance door of the church and let my wife go first.

The first `Hello‘ and `beautiful that they are there‘ when entering the nave. The eye immediately fell on a work by the artist of impressive size. Colour intensities as I like them and use them myself.

Most of the visitors stood in front of the benches and took first impressions of the exhibited works.

My gaze wandered curiously over the pews towards the altar with the

I hold in such high esteem because it is a simple crucifix.

My breath faltered.

What was that ?

In front of the crucifix there was a bright red cloth, about 2 by 2 meters in size, 3 to 4 meters away from it, which obscured the direct view of this beautiful crucifix. I could not believe my eyes …

The memory is already a phenomenal instrument, which takes up its work completely independently without an order of use.

A cloth in front of the crucifix… I knew that from somewhere.  Suddenly a picture stood on my mental screen, which gave me goose bumps on my arms and legs and declared my stomach a flauzone.

How was it more than 15 years ago in Parchim, when the coffin of my thirty year old favourite cousin was raised in the cemetery chapel? It was supposed to be a socialist commemoration and funeral at that time.

My God!  You weren’t even invited!

They had the crucifix as a symbol of Christianity, hung with red flags and covered!

With several red flags including GDR logos.

No crucifix shimmered through that anymore.

At that time I sat during the socialist funeral service between my mother and my older sister with clenched fists in the coat pockets.  There was no Lord’s Prayer or `so take my hands‘, no! There was a tape playing ‚Im tiefen Wiesengrund‘. Never again have I experienced on such an occasion a spiritual infamy that is even close to comparable!

As consolation for the relatives, reference was made to the ‚deserved deep sleep of the deceased‘.

Horrible…

And exactly at that moment the chapel door was opened. Due to the wind the flags acted like sails and for a few seconds they showed an imprint of the cross. That was like a sign to me.  You can still hang so many flags in front of it … ´

Now I was standing in my church, but why did my memory build up this past horror scenario in me?

The sight of the red cloth hung by the artist in front of the crucifix … the association with the red flags in the chapel at that time, the

clear impression of the cross at that time and today the shadowy image of the crucifix…

There was and here a symbol is added, veiled.

We lined up on the pews and listened to the interpretations of the individual works of the artist.

It was only at home when I talked about this opening of the exhibition that it became clear to me: after seeing the cloth in front of the crucifix I had sat silently on the pew – with both hands in my jacket pockets …

Translated with http://www.DeepL.com/Translator (free version)

Kurzgeschichte ‚Beerdigung…‘ (d/e)


Die Geschichte hätte sicherlich zu Totensonntag besser gepasst, doch zu dem Zeitpunkt war das nicht in der Planung. Also jetzt:

Beerdigung

 Da sitzen sie in der Kapelle.

Der mit Kränzen und Blumen bedeckte und eingerahmte Sarg im direkten Blickfeld. In Kübeln hochgezogene Buchsbäume stehen leibwächterartig dezent an den Seiten. Schwer vorstellbar, dass deren Anwesenheit bezahlt werden muss. Auch das hat seinen Preis.

Stille…

Einige husten bemüht reduziert. Der verlegene Blick aus den Augenwinkeln.

Nur nicht die Blicke anderer auf sich ziehen.

Hier und da Getuschel.

Wer ist die Unbekannte neben dem Schwiegersohn des Verstorbenen …?

Stirnrunzeln …

Der Schwerhörige fragt seine Frau laut : „Wo sitzt eigentlich die Hedwig ..?“

Gestikulierende Ortszuweisung.

Peinlich …

Einige grinsen amüsiert vor sich hin.

`Der merkt auch nichts mehr …´

Na ja, in dem Alter.

`Wie lange der das wohl noch macht ..?´

Andere stecken die Köpfe zusammen und zupfen an ihrer Kleidung.

Die Glocke läutet.

Die Blicke zur Uhr – wenigstens pünktlich.

Jetzt denkt kaum jemand daran, dass dieses Geläut auch bezahlt werden muss. Egal, es gehört nun mal dazu.

Der Pfarrer betritt die Kapelle.

Erhabene Stille…

Er bleibt kurz vor dem Sarg stehen und schreitet dann zur Kanzel.

Das Manuskript liegt bereits vor ihm.

Sein Blick schweift in Richtung Hinterbliebene.

Er spricht langsam und bedächtig über den Verstorbenen, sein Leben, die Anzahl seiner Kinder und dass er ein rechtschaffener Mann war.

Er bittet Gott, dass er diesen Verblichenen doch in sein Reich aufnehmen möge.

Obwohl er bereits vor vier Tagen verstorben war…

Ich verdränge die Frage, wo er denn wohl die Zeit dazwischen verbracht hat…  In einer Art `Sammelstelle´ für Seelen ? Darauf wartend, nach der Fürbitte eines Pfarrers … –  mein Gott!

Viele sind tränenweich geworden.

Einige schluchzen laut.

Man hätte ihn ja auch öfter besuchen können. Seine Krankheit war ja bekannt. Doch… wer wusste schon, dass das mit ihm so schnell zu Ende geht…

Der Pfarrer hat auch wirklich gut gepredigt.

So einfühlsam…

Die Sicherheit vermittelnd, dass er auch wirklich dahin kommt, wohin sie ihn alle wünschen …

Das muss ein sehr großes Ziel sein!

Einige sehen mit eiserner Miene am offenen Grab zum Sarg hinab.

Da soll er wirklich drin liegen?

Kein Zweifel.

Doch …

Ob seine Seele, das eigentliche ‚Ich’ der physischen Existenz, wohl wiedergeboren wird – in einem anderen Körper?

Reinkarnation?

Ist das der Grund für den Satz: `Liebe deinen Nächsten wie dich selbst´?

Ist das die Hoffnung – die Erlösung?

Die Perspektive?

Seelenzuweisung?

Neuverteilung?

In was für einen Körper?

Oder braten in irgendeiner Hölle?

Ein gewisser Schauer bleibt…

Er war ein so rechtschaffener Mann.

Doch wo sind seine Erfahrungen, seine Gefühle,

seine Gedanken geblieben?

Gelöscht? Wie eine Festplatte?

Nur noch Vakuum im leblos Feststofflichen?

Das kann es nicht sein…

Vielmehr – ist es nicht vielleicht so, dass zu Lebzeiten die Seele jede x-tel Sekunde quasi wie eine Datenübertragung mit ihrem Ursprung kommuniziert – sich austauscht?

Über Gedanken und Taten?

Je intensiver das Seelenleben, desto größer die Datenflut…?

Der Gedanke gefiel mir, gab mir Hoffnung.

©Joachim Rohlfing

in English:

burial

 There they are in the chapel.

The coffin, covered and framed with wreaths and flowers, is in direct view. Box trees raised in tubs stand discreetly on the sides like bodyguards. It is hard to imagine that their presence would have to be paid for. That also has its price.

Silence…

Some coughing endeavors reduced. The embarrassed view from the corner of their eye.

Just don’t attract the looks of others.

Here and there whispering.

Who is the unknown next to the son-in-law of the deceased …?

Frown frown …

The hearing-impaired asks his wife loudly: „Where is Hedwig sitting …?“

Gesticulating allocation of a place.

Embarrassing …

Some grin amusedly to themselves.

`He doesn’t notice anything either …‘

Well, at that age.

`How long does he think he’ll keep doing that??‘

Others put their heads together and pluck their clothes.

The bell rings.

The glances to the clock – at least punctually.

Now hardly anyone thinks about the fact that this ringing has to be paid for. Anyway, it’s part of it.

The priest enters the chapel.

Sublime silence…

He stops just in front of the coffin and then walks to the pulpit.

The manuscript is already in front of him.

His gaze wanders towards the bereaved.

He talks slowly and thoughtfully about the deceased, his life, the number of his children and that he was a righteous man.

He asks God to welcome this deceased into his kingdom.

Although he had already died four days ago…

I suppress the question where he probably spent the time in between…  In a kind of ‚collection point‘ for souls ? Waiting for it, after the intercession of a priest … – my God!

Many have become soft with tears.

Some sob loudly.

One could have visited him more often. His illness was well known. But… who knew that it would end so quickly with him?

The priest also preached really well.

So sensitive…

Conveying the certainty that he really gets where they all want him to go …

That must be a very big goal!

Some look down with an iron face at the open grave to the coffin.

Is he really supposed to be in there?

No doubt about it.

But …

Whether his soul, the actual ‚I‘ of physical existence, will probably be reborn – in another body?

Reincarnation?

Is that the reason for the sentence: ‚Love your neighbor as yourself‘?

Is that hope – salvation?

The perspective?

Soul assignment?

Redistribution?

In what kind of body?

Or fry in some hell?

A certain shiver remains…

He was such a righteous man.

But where are his experiences, his feelings,

What did he think?

Deleted? Like a hard drive?

Only vacuum in the inanimate solid?

That it can not be…

Rather – isn’t it perhaps the case that during one’s lifetime the soul communicates with its origin every umpteenth second like a data transmission – exchanges itself?

About thoughts and deeds?

The more intensive the soul life, the greater the flood of data…?

The thought pleased me, gave me hope.

©Joachim Rohlfing

Translated with http://www.DeepL.com/Translator (free version)

Eine wahre Geschichte aus den Ende Siebzigern …


Die folgende Geschichte (autobiographisch, nur die Namen wurden geändert) trug sich in den Ende Siebzigerjahren so zu, wie sie hier geschrieben steht. So und inhaltlich in vergleichbarer Weise lief das einige Jahre lang jede Woche ab. Als Frau W. über achtzigjährig verstarb, entstand über lange Zeit eine einzigartige Kommunikationslücke …

 

Verbindung

 

Auch an diesem Samstag Vormittag saß die alte Frau in ihrer Küche und wartete auf den jungen Mann, der ihr die Lebensmittel für die kommende Woche brachte.

Die Hintertür war nicht abgeschlossen. Das ersparte ihr den mühsamen Weg zur Haustür. Sie freute sich auf diese kurzen Augenblicke der Hilfsbereitschaft und der Unterhaltung mit ihm. Es war ein Lichtblick, auf den sie die ganze Woche wartete.

Ihre Angehörigen, Tochter, Schwiegersohn und die beiden Enkelkinder, wohnten mit in ihrem Haus. Und .. warum kam nun dieser junge Mann trotzdem jeden Samstag ?

Sie fragte sich jedesmal, ob sie ihn damit nicht belästigte, doch diese Gedanken wies er immer energisch zurück. Für ihn sei es eine Selbstverständlichkeit, so sagte er immer. Ja, wie oft hatte sie ihn schon gefragt …

Sie legte ihre Hände auf die fast gelähmten Beine, die sie nur noch zentimeterweise weiterschieben konnte. Was er wohl wirklich denkt, wenn sie sich mit ihrem Stock, an den Wänden gestützt, in die Küche schleppt, um ihn zu empfangen .. ? Sie … diese körperlich abgearbeitete und entkräftete aber geistig hellwache, alte Frau.

In diesem Moment ging die Tür auf.

„Guten Tag, Frau Wehnert.“ Er trat ein und drückte mit dem Ellenbogen die Tür ins Schloss.

„Guten Tag, Herr Waldhaus … ach, ich kann ihnen die Tür nicht zumachen ..“

„Kein Problem, Frau Wehnert.“ Er nickte ihr verständnisvoll zu und setzte den Korb mit den Sachen auf die Eckbank.

„Setzen sie sich doch .. bitte.“

„Sie wissen doch, ich hab’ eigentlich sehr wenig Zeit ..“

„Bitte.“

Er setzte sich neben den Korb und begann, die Sachen auf den Tisch zu stellen.

„Ich verstehe ja, dass sie wenig Zeit haben. Was gibt’s Neues?“

„Viel Arbeit, Frau Wehnert .. und bei ihnen ?“

„Ach Herr Waldhaus. Die Beine .. sie wollen einfach nicht mehr. Dazu das Herz … Ein alter Mensch ist nichts mehr wert.“

„Das dürfen sie nicht sagen, Frau Wehnert. Ich meine, das ist es nicht. Sie haben doch viel mehr Erfahrungen als ich zum Beispiel.“

„Herr Waldhaus, falle ich ihnen wirklich nicht zur Last ? Sie haben doch auch so genug zu tun..“

„Darüber sind wir uns doch einig ! Warum zweifeln sie immer ?“

„Ach, das sagen sie immer so …   Sie tun so viel für mich, das kann ich gar nicht wieder gut machen .“

„Ich bitte sie.“ Er sah sie entgeistert an.

„Ja .. doch. Dafür danke ich ihnen. Sie glauben gar nicht, wie ich mich darüber freue. Wenn doch alle so wären … Diese Welt ist so gefühlslos und voller Gleichgültigkeit. Nächstenliebe ist so selten. Alle reden sehr viel, glauben sie mir, doch, wenn es darauf ankommt, dann .. sitzt man allein .. mit seinen Sorgen und mit der Welt, die man nicht mehr versteht. Dann kneifen sie alle und sind sich selbst der Nächste. Das sehen sie doch an meiner Tochter und an meinem Schwiegersohn. Die sind jeden Tag betrunken. Ich bin ihnen nur eine Last. Die wollen nicht mal mehr mit mir reden. Aber mein Geld … Und man kann doch gar nichts dafür, dass man alt wird und irgendwie Hilfe braucht …“

Er sah in ihre eingefallenen Augen. Dieser verklärte Blick …

Was für ein Schicksal.

Die Wärme solcher Eindrücke.

Beide sahen schweigend auf den Boden.

Blicke ins Leere, ins Unendliche …

„Sagen sie mir doch einmal, Herr Waldhaus, wie halten sie es mit dem Glauben an Gott ? Mit wem soll ich da sonst drüber reden .. ? Ich denke, sie wissen, worauf ich hinaus will .. ?“

Er sah sie bestätigend an, als hätte nur diese und keine andere Fragen kommen können.

„Ich glaube dran oder anders .. ich glaube an etwas Übergeordnetes, unbeschreiblich intelligenter als wir.“

„An Gott ?“

„Ja, egal wie man es nennt.“

„Glauben sie an die Auferstehung ?“

„Auferstehung im übertragenen Sinne, nicht körperlich sondern geistig.“

„Sie denken, daß der Körper sich abnutzt und zerfällt, der Geist oder die Seele aber unsterblich ist .. ?“

„So sehe ich das.“

„Also stirbt im Tode nur der Körper ?“

„Ich denke, dass wir den Erfahrungswert `Körper´ mit in eine neue Existenz nehmen, die wir nicht kennen, sondern nur erahnen können … oder in der Art …“

„Dann müssen wir doch dankbar sein, leben zu dürfen …“

„So gesehen …“

„Ich habe immer gesagt, dass das letzte Hemd keine Taschen hat …“

„Keine greifbaren …“

„Sie haben mir sehr viel Mut gemacht. Ich rede immer so gerne mit Ihnen. Bei dieser Bagage hier im Hause habe ich manchmal das Gefühl, unter Räubern zu sein. Entschuldigen sie …“

„Sie wissen doch, dass sie nicht alleine sind …“

Nach einer Weile legte sie ihm das Geld für die Ware hin.

„Mache ich ihnen auch wirklich keine Umstände ?“

„Ich mache das gerne für sie, das wissen sie doch …“

„Womit kann ich ihnen denn einmal eine Freunde machen ?“

„Wenn sie mir weiterhin erlauben, ihnen die Sachen bringen zu dürfen .. und mit ihnen zu reden.“

Ihre Augen leuchteten.

Sie kannte diese Antwort.

Für sie das Gefühl der Verbindung und … nicht vergessen zu sein.

Er verabschiedete sich und ging.

Die alte Frau Wehnert sah ihm nach. Dem jungen Mann, der ihr jeden Samstag Vormittag die Lebensmittel für die kommende Woche brachte.

 

 

Kurzgeschichte zu Weihnachten …


So geht das, wenn man in seinen eigenen Büchern nach langer Zeit wieder stöbert und eine durchaus zur Jahreszeit passende Geschichte neu entdeckt.  DSC_0023.jpgSpontan entschloss ich mich, diese Geschichte aus meinem Buch >Menschenland<® zu bloggen, ohne irgendein kommerzielles Interesse, sondern einfach nur für die Leser des Blogs.

Quasi zu Weihnachten :

 

 

Heiligabend

 

In den Straßen der kleinen Kreisstadt war es ruhig geworden. Hellerleuchtete Schaufenster mit greller, aufdringlicher Leuchtreklame blendeten erbarmungslos meine Augen. Das Weihnachtsgeschäft, das Geschäft des Jahres, war an diesem Heiligabend gelaufen.

Die Gläubigen eilten nach der Mitternachtsmesse zurück in die Behaglichkeit, in die Wärme und Geborgenheit ihrer festlich geschmückten Wohnungen. Es war Weihnacht. –

Langsam schlenderte ich an den Schaufenstern vorüber.

Auf der anderen Straßenseite stand ein alter Mann vor einem Schaufenster.

Er schien völlig geistesabwesend zu sein. Ich blieb stehen und sah zu ihm hinüber. Ein   eiskalter Wind zerrte an meinem Gesicht.

Ich schlug den Kragen meines Mantels auf und ging hinüber.

Er stand mit gesenktem Kopf vor dem Schaufenster eines Spielwarengeschäftes, die rechte Hand vor die Stirn gepreßt. – Ich sah unauffällig zu Ihm hinüber. Er schien mich nicht zu bemerken. Warum ging ich nicht weiter ? ..

Wie all die Anderen ?

Er weinte.

„Kann ich Ihnen helfen .. ?“

„Mir kann niemand helfen !“

„Ja .. aber …“

„Lassen Sie mich in Ruhe ! Was wollen Sie von mir …“

„Pardon. Ich will Sie nicht belästigen. Entschuldigung.“

Ich drehte mich um und wollte gehen.

„Warten Sie .. !“

Ich blieb stehen.

Der alte Mann stand immer noch so da – wie vor einer Minute.

„Warum kümmern Sie sich um mich..? Sie kennen mich doch gar nicht !“

Ich schwieg eine Weile.

„ Ja .. da haben Sie recht. Ich kenne Sie nicht …“

Er nahm die Hand von der Stirn, hob langsam den Kopf und sah mich an.- Sein vegrämter, zerflossener Blick traf mich wie ein Messer. Ich hatte das Gefühl, als suchte er jemanden .. irgendjemanden, mit dem er reden konnte – einen Menschen, der ihm zuhörte, mehr nicht.

„Was bedrückt Sie ?“

„Ach .. junger Mann …“   Er sah wieder auf den Boden.

„Dieser Abend soll für uns Menschen ein Abend des Glücks und der Zufriedenheit sein … Für mich ist er Verzweiflung. Ich musste ‚raus. Ich hielt es zuhause nicht mehr aus.“

„Was ist passiert ?“

Er begann wieder zu weinen.

In den Häusern wurde das Fest der Freude und der Zufriedenheit gefeiert. Jeder auf seine Weise. Was war geschehen, dass dieser alte Mann weinend vor einem Schaufenster stand ? Was hatte ihn so zerschmettert ?

„Ich hatte den Tannenbaum geschmückt, die Kerzen angezündet .. und meine Tochter und meinen Schwiegersohn erwartet. Gott sei Dank, daß meine Frau das nicht mehr erleben muss ! – Ich hatte mich darauf gefreut, mit ihnen diesen Abend zu verbringen. Ich wollte heute nicht allein sein. Ich wollte es nicht … !“

„Und was geschah ? Sie sind nicht gekommen ?“

„Doch ! .. Verflucht, sie sind gekommen. Mein Schwiegersohn war betrunken. Als er den Baum sah, begann er entsetzlich zu lachen. Er nannte ihn … ich mag es nicht sagen. Er sagte nur, dass er diesen `Blödsinn´ nicht mitmacht. Schließlich löschte er die Kerzen aus und knickte den Stamm in der Mitte ab. Meinen liebevoll geschmückten … Dann hab‘ ich ihn hinausgeworfen.“

„Was sagte Ihre Tochter dazu ?“

„Die ist mit ihm gegangen. Ja .. sie ist einfach mit ihm gegangen. Kein Wort…nichts !“

„Wollen Sie nicht nach Hause gehen ?“

„Ja .. später …“

„Er war betrunken, sagten Sie ?“

„Ja.“

„Dann wird er sich sicherlich morgen entschuldigen.“

„Ja, sicherlich … Ich wollte ihnen doch nur eine Freunde machen“, sagte er dumpf, und ich hatte das Gefühl, nicht mehr wahrgenommen zu werden. Er schüttelte nur langsam, wieder völlig abwesend den Kopf. „Ich wollte ihnen doch nur eine Freunde machen …“

An diesem `Heiligabend´ stand der alte Mann vor dem Schaufenster eines Spielwarengeschäftes. Die schneidende Kälte dieser Weihnacht und das zerreißende Gefühl des Alleinseins waren seine gnadenlosen Begleiter in einer Nacht der Liebe, der Zusammengehörigkeit, des Vergebens und der Wärme. Der bloße, niederwerfende Gedanke daran und die Hoffnung auf eine Entschuldigung waren alles, was der alte Mann noch hatte.   –

 

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