2. „Steigende Strecke einzelner Arten“


L E S E R B R I E F

 Artikel „Steigende Strecke einzelner Arten“ im MT am 03.05.2005

Beim Lesen des genannten Artikels ist mir – wie kann es anders sein – das deutsche Liedgut eingefallen, das vom Jäger singt, der sein Wild daher schießt, gleich wie es ihm gefällt. Der Waidmann als ehrbarer Zunftenträger – so hat er sich schon immer angesellt. Mit Gästen aus Kommunal- und auch Bundespolitik. Die Rede ist vom tierschutzgerechten Erlegen des Wildes, von erforderlichen Schießständen und deren guter Belegung durch Jäger, dem Ausbau der Stände, die sehr wichtig seien, von Streckenergebnissen, Gehörnschau und so weiter.

Worum geht’s ?  Auf den Punkt gebracht um nichts anderes als legalisierten Tiermord im lodengrünen Mantel – aus der Geschichte heraus mit Hege und Pflege der Population des Freiwildes gerechtfertigt und  sogar von ‚Moralinstitutionen’ wie z.B. der katholischen Kirche, abgesegnet ist. Die Individualdominanz von Menschen über Tiere als bedingungslos verfügbare Untertanen, als Dinge, die rechtskräftig ‚zur Strecke’ gebracht werden dürfen, ja in den Augen der Menschen, die das tun, aus genannter Argumentation heraus sogar müssen. Rechtfertigungen für so ein Verhalten zeugen schon von einem recht abgekochten Seelenleben. Ohne mit der Wimper zu zucken und dann mit stolzgeschwellter Brust hinter oder neben in Reihe(n) gelegten, vorsätzlich und ‚tierschutzgerecht’ getöteten Tierkörpern ( Strecke ) nach getanem Waidwerk zu posieren, ist nach meinem ethischen Empfinden eine eiskalte Ignoranz des Schöpfers der Tier- und auch der Menschenwelt. (Das wäre ein realistisches Foto gewesen.) Wen wundert es da, dass Tiermörder sich auf moralisch sicherer Seite wähnen, wenn menschliche Autoritäten und Instanzen wie z.B. Papst Johannes Paul II. sogar die Vivisektion (Tierversuche) ‚humankonform’ interpretieren.

Genau da liegt der Grund für den alten Grabenkampf zwischen vertretbarem Tierschutz im wörtlichen und lebensbejahenden Sinne und dessen zurechtgekneteter Auslegung der Befürworter des Rechts auf das Töten unbeseelter Dinge. Und damit sind Tiere gemeint. Da Töten auch Entseelen bedeutet bzw. zur Folge hat, sind Tiere also Lebewesen und keine Dinge. Solange dieses ‚Berserkertum’ der Tierwelt gegenüber  weitergeht, wird diesem Planeten eine Befriedung mit eiskaltem Kalkül vorenthalten. Denn wo bewusst getötet wird, da folgt seelische Verrohung, deren enthemmende Auswüchse sich im Verhalten der Menschen untereinander bereits auf der ersten Zeitungsseite wieder finden. Da schließen sich die Kreise, und da muss neu angesetzt werden, wenn die Dominanz und in dessen Schlepptau die Ignoranz schwächeren Existenzen gegenüber, völlig egal ob Tier oder Mensch, verschwinden oder zumindest abnehmen soll. Offensichtlich wird das nur einigermaßen funktionieren, wenn die richterliche Gewalt eines guten Tages ein Urteil ‚verbellt’, das den Tiermord in der Kategorie Menschenmord ansiedelt. Dann finden solche Hauptversammlungen folgerichtig mit friedlicheren Themen und ohne ‚Schmauchspuren’ statt.

©Joachim Rohlfing

Veröffentlicht in Jagd