Ausstellung… (d/e)


Ausstellung

 

Da fand vor längerer Zeit eine Ausstellung in der Kirche statt, in der ich getraut wurde. Einer Einladung des mir und meiner Frau recht gut bekannten Pfarrers folgend, betraten wir die Kirche mit einer Erwartungshaltung in Richtung Anspruch, Qualität usw.. Ausstellungen anderer Künstler interessieren nun mal.

Wir hatten speziell in dieser, ‚unserer´ Kirche, schon einige exotische Präsentationen erlebt und hofften auch dieses Mal auf ein  `Aha´ – Erlebnis.

Soweit, so gut.

Ich zog die schwere Eingangstür  der Kirche auf und ließ meiner Frau den Vortritt.

Das erste  `Hallo´  und  `schön, dass sie da sind´ beim Betreten des Kirchenschiffs. Der Blick fiel sofort auf eine Arbeit des Künstlers von imposanter Größe. Farbintensitäten, wie ich sie mag und selber verwende.

Die meisten Besucher standen noch vor den Bänken und nahmen erste Eindrücke von den ausgestellten Werken.

Mein Blick schweifte neugiering über die Kirchenbänke hinweg Richtung Altar mit dem von mir so geschätzten, weil schlichten Kruzifix.

Mir stockte der Atem.

Was war das denn?

Vor dem Kruzifix war ein hellrotes, circa 2 mal 2 Meter großes Tuch in 3 bis 4 Meter Abstand davon gespannt, das den direkten Blick auf dieses schöne Kruzifix verschleierte. Ich traute meinen Augen nicht…

Das Gedächtnis ist schon ein phänomenales Instrument,  das ohne Einsatzbefehl völlig verselbständigt seine Arbeit aufnimmt.

Ein Tuch vor dem Kruzifix… das kannte ich doch irgendwoher.  Schlagartig stand ein Bild auf meinem geistigen Bildschirm, das mir eine Gänsehaut auf Arme und Beine zauberte und meinen Magen zur Flauzone erklärte.

Wie war das noch damals vor vielen Jahren in Parchim, als der Sarg meines gut dreißígjährigen Lieblingscousins in der Friedhofskapelle aufgebart war. Eine sozialistische Gedenkfeier und Beerdigung sollte es damals sein.

Mein Gott!  Du warst nicht mal geladen!

Sie hatten das Kruzifix als Symbol des  Christentums, mit roten Fahnen verhängt und abgedeckt!

Mit mehreren roten Fahnen samt DDR- Logos.

Das schimmerte kein Kruzifix mehr durch.

Damals saß ich während der sozialistischen Trauerfeier zwischen meiner Mutter und meiner älteren Schwester mit geballten Fäusten in den Manteltaschen.  Da gab es kein Vaterunser oder `so nimm denn meiner Hände´, nein! Da wurde von einem Tonband  `Im tiefen Wiesengrunde´ abgespielt. Nie wieder habe ich bei einem solchen Anlass eine auch nur annähernd vergleichbare, geistige Niedertracht erlebt!

Als Trost für die Angehörigen wurde auf den `verdienten tiefen Schlaf des Verstorbenen´ verwiesen.

Grauenhaft…

Und genau in dem Moment wurde die Kapellentür geöffnet. Durch den Windzug wirkten die Fahnen wie Segel und ließen für einige Sekunden einen Abdruck des Kreuzes erkennen. Das war für mich wie ein Zeichen.  `Ihr könnt noch so viele Fahnen davorhängen … ´

Nun stand ich in meiner Kirche, doch warum baute mein Gedächtnis ausgerechnet dieses vergangene Horrorszenario in mir auf?

Der Anblick des vom Künstler vor dem Kruzifix aufgehängten roten Tuches … die Assoziation mit den roten Fahnen damals in der Kapelle, der deutliche Abdruck des Kreuzes damals und heute das schattenhafte Abbild des Kruzifixes…

Da wurde und hier wird ein Symbol zugehängt, verschleiert.

Wie  reihten  uns  auf  den Kirchenbänken ein und lauschten den Interpretationen zu den einzelnen Werken des Künstlers.

Erst zuhause im Gespräch über diese erlebte Ausstellungseröffnung wurde mir klar: Ich hatte  nach  dem Anblick des Tuches vor dem Kruzifix  stumm auf der Kirchenbank gesessen  –  mit beiden Händen in den Jackentaschen …

©Joachim Rohlfing

in English

Exhibition

Some times ago there was an exhibition in the church where I was married. At the invitation of the parish priest, who was well known to me and my wife, we entered the church with an expectation of quality, quality and so on. Exhibitions of other artists are interesting.

Especially in this ‚our‘ church we had already experienced some exotic presentations and hoped for an ‚aha‘ experience this time as well.

So far, so good.

I opened the heavy entrance door of the church and let my wife go first.

The first `Hello‘ and `beautiful that they are there‘ when entering the nave. The eye immediately fell on a work by the artist of impressive size. Colour intensities as I like them and use them myself.

Most of the visitors stood in front of the benches and took first impressions of the exhibited works.

My gaze wandered curiously over the pews towards the altar with the

I hold in such high esteem because it is a simple crucifix.

My breath faltered.

What was that ?

In front of the crucifix there was a bright red cloth, about 2 by 2 meters in size, 3 to 4 meters away from it, which obscured the direct view of this beautiful crucifix. I could not believe my eyes …

The memory is already a phenomenal instrument, which takes up its work completely independently without an order of use.

A cloth in front of the crucifix… I knew that from somewhere.  Suddenly a picture stood on my mental screen, which gave me goose bumps on my arms and legs and declared my stomach a flauzone.

How was it more than 15 years ago in Parchim, when the coffin of my thirty year old favourite cousin was raised in the cemetery chapel? It was supposed to be a socialist commemoration and funeral at that time.

My God!  You weren’t even invited!

They had the crucifix as a symbol of Christianity, hung with red flags and covered!

With several red flags including GDR logos.

No crucifix shimmered through that anymore.

At that time I sat during the socialist funeral service between my mother and my older sister with clenched fists in the coat pockets.  There was no Lord’s Prayer or `so take my hands‘, no! There was a tape playing ‚Im tiefen Wiesengrund‘. Never again have I experienced on such an occasion a spiritual infamy that is even close to comparable!

As consolation for the relatives, reference was made to the ‚deserved deep sleep of the deceased‘.

Horrible…

And exactly at that moment the chapel door was opened. Due to the wind the flags acted like sails and for a few seconds they showed an imprint of the cross. That was like a sign to me.  You can still hang so many flags in front of it … ´

Now I was standing in my church, but why did my memory build up this past horror scenario in me?

The sight of the red cloth hung by the artist in front of the crucifix … the association with the red flags in the chapel at that time, the

clear impression of the cross at that time and today the shadowy image of the crucifix…

There was and here a symbol is added, veiled.

We lined up on the pews and listened to the interpretations of the individual works of the artist.

It was only at home when I talked about this opening of the exhibition that it became clear to me: after seeing the cloth in front of the crucifix I had sat silently on the pew – with both hands in my jacket pockets …

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